ABC

„The Lexicon Of Love“

Capitol/UMe (VÖ: 4.8.)

Der brillante Pop-Klassiker als Deluxe-Edition

Gab es je eine Band, zu der die Bezeichnung „New Romantic“ besser passte als zu ABC? Das Cover wie ein Cole-Porter-Album, Sänger Martin Fry ein Dandy mit Hardboiled-Detective Tolle, der in den Siebzigern das Fanzine „Modern Drugs“ verlegte. Zumindest ihr Debüt, „The Lexicon Of Love“, weckte hohe Erwartungen: 1982 katapultierten sich ABC mit diesem „Konzeptalbum über eine gescheiterte Liebe“ – als wäre man an dieser Chronik des Liebeslebens eines unbekannten 24-jährigen Sängers interessiert – auf eine Stufe mit den damals größten Stars: Duran Duran. Man musste sich entscheiden zwischen „The Look Of Love“ und „Rio“.

Eine alberne, aber herrlich technicolorbunte Klamotte

Anders als der euphorisierte Simon Le Bon aber kultivierte der stimmlich limitierte Fry ein Cool, das aus dem Jazz abgeleitet war. Insofern war die Wahl des Produzenten Trevor Horn, der exzessiv Soundschichten über Soundschichten legte, nicht ungefährlich. Horns Meisterstück wurde drei Jahre später „Welcome To The Pleasuredome“, ihm lag Holly Johnsons schwüle Lyrik, doch schon „The Look Of Love“ prägte eine Art, nun ja, ejakulierender Bass-Klang. Das Album war sophisticated, die Zeile „I know democracy, but I know what’s fascist“ in einem Liebeslied unterzubringen genial – aber es war auch laut und grob. Und eines der besten des an guten britischen Alben nicht armen Popjahres 1982.

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Einen weiteren Welterfolg hatten ABC nicht mehr. Das Reissue fährt auf vier LPs plus Blu-ray alles nur Mögliche auf. Porcupine-Tree-Kopf Steven Wilson tat sich in den vergangenen Jahren als Restaurator einiger Achtziger-Helden hervor (allein drei Tears-For-Fears-Alben), auch „The Lexicon Of Love“ hat von ihm einen Dolby-Atmos-Mix erhalten. Demos, Live-Songs und 12-Inches kommen dazu. Höhepunkt ist Julien Temples Film „Mantrap“, der ABC als eine Art „A Hard Day’s Night“-Beatles des Kalten Krieges inszeniert: Im politisch angespannten Jahr 1983 wird Martin Fry mit einem Spion verwechselt und gejagt. Eine alberne, aber herrlich technicolorbunte Klamotte.