Neil Young with Crazy Horse

„World Record“

Reprise/Warner (VÖ: 18.11.)

Neue Hippie-Träume, diesmal mit Rick Rubin

Menschen, die Neil Young nicht kennen (aber wer kennt bitte Neil Young nicht?, fragen jetzt Männer ab fünfzig), könnten „World Record“ für sentimentalen Hippie-Kitsch halten. Und das ist es ja auch. Aber es ist auch der anrührendste Hippie-Kitsch der Welt! Onkel Neil will noch einmal Mutter Natur retten. Er hat die Hoffnung nicht aufgegeben und singt gegen Klimakrise und Krieg. Für seine rostige Americana-Fortschreibung hat er sich diesmal wieder einen richtigen Produzenten besorgt, und zwar keinen Geringeren als Rick Rubin.

Young hatte noch nie Zeit für Bullshit und viele Worte

Beim Studio-Trip der beiden Zausel entsteht etwas Magisches. Rubin triezt den Alten, lässt ihn Overdubs aufnehmen, schickt Young öfter in die Gesangskabine, als es dessen Arbeitsroutine vorsieht. Zuweilen wirkt es gar so, als habe Rubin Einfluss auf das Songwriting, etwa wenn Young in der zerschossenen Ballade „I Walk With You (Earth Ringtone)“ oder in der ebenso naiven wie erbaulichen Ode „Walkin’ On The Road (To The Future)“ die Melodieschraube eine Windung weiterdreht als üblich.

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„Love Earth“ eröffnet die Platte mit gemütlichem Schunkeln und preist das Wesen der Liebe auf eine Art, dass die Grenze zwischen Banalität und Philosophie verschwimmt: „Love Earth and your love comes back to you.“ Ach, wenn es doch so einfach wäre, denkt sich da der Pessimist. Und Young antwortet: „It’s such an easy thing to do/ Love Earth, ’til the water and the air is pure.“ Das von seligem Akkordeon begleitete „This Old Planet (Changing Days)“ nutzt die Erinnerung an bessere Zeiten für ein optimistisches Signal an jüngere Generationen, das rabiat rumpelnde „Break The Chain“ beschwört den Mut zur Veränderung.

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Young hatte noch nie Zeit für Bullshit und viele Worte. Jetzt singt er einen Song namens „The Wonder Won’t Wait“, Pump Organ und Mundharmonika blasen zum Aufbruch. Noch ein letztes Mal, im epischen „Chevrolet“, lässt er die E‑Gitarre aufheulen. Es klingt wie ein pensionierter Stahlarbeiter, der seinen Chevy auf den Highway der unerfüllten Träume steuert.