Berliner Konzertbürokratie: Pearl Jam „störend“, Lindenberg „weniger störend“

Die Berliner Umweltverwaltung unterscheidet bei Konzertgenehmigungen nach „störenden“ und „weniger störenden" Veranstaltungen. Wie wohl Herbert Grönemeyer abschneiden würde? Bei anderen Bands steht das schon fest.

Konzerte sind im Optimalfall Orte der Ekstase, Leidenschaft und Emotion. Um sie zu ermöglichen, braucht es aber oftmals zunächst Geduld, penibel ausgefüllte Anträge und Dezibelmessungen. Erst die Bürokratie, dann das Vergnügen also. Das musste zuletzt auch Herbert Grönemeyer erfahren, der aufgrund einer Coronaerkrankung seine acht Konzerte umfassende Tour absagen musste. Und auch keine Ersatztermine finden konnte, da es nach den vielen ausgefallenen Konzerten 2020 und 2021 nun an der Verfügbarkeit von Stadien, Personal, Bühnen und technischem Equipment mangelt. In einem auf Instagram veröffentlichen Brief schrieb der „komplett konsternierte“ Musiker:

„Wir sind als Band zweieinhalb Jahre von dem Virus verschont geblieben, wir haben uns im Vorfeld der Tour isoliert, sind alle mehrfachst geimpft, wurden dauergetestet und trotzdem hat es ausgerechnet jetzt uns doch getroffen […]  Das ist sehr bitter“

Dabei wird natürlich nicht auf allen Konzertbühnen jeden Abend gespielt. Im Weg stehen aber neben den personellen Engpässen auch bürokratische Auflagen. Denn in den meisten Locations darf nicht jeden Abend gespielt werden, stattdessen werden nur eine gewisse Zahl an Konzerten genehmigt. Wie viele das sind, erscheint zumindest in Berlin etwas beliebig. Wie nämlich der Sprecher der Umweltverwaltung dem „Tagespiegel“ gegenüber erklärt hat, gibt es keine fixe Obergrenze für Konzerte, sondern je nach Location „eine gewisse Tradition.“.

Laut der Berliner Umweltbehörde gibt es dieses Jahr in der Tat dieses Jahr einen Nachholeffekt. So wurden zum Beispiel auf der Wuhlheide und der Waldbühne mehr auf Konzerte genehmigt als vor der Pandemie. Interessant: Die Konzerte werden von der Umweltverwaltung je nach erwarteter Lautstärke in die Kategorien „störend“ und „weniger störend / nicht störend“ eingeteilt. Als störend gelten unter anderem die Konzerte von Trailerpark, Pearl Jam, Iron Maiden, Marteria und Seeed.. Für die Anwohner weniger belastend sollen dagegen die Auftritte der Berliner Philharmonie, Udo Lindenberg und Roland Kaiser sein. Aber auch die Imagine Dragons und die Broilers wurden in die Kategoire „weniger störend / nicht störend“ eingeordnet.

Herbert Grönemeyer bringt das aber alles nichts. Er wird dieses Jahr wohl keine Konzerte mehr spielen können. Wenn diesmal alles gut geht, wird er aber im Mai 2023 in elf Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu sehen sein. Dann wird sich auch zeigen, ob es sich bei seinen Konzerte eher um „störende“ oder „weniger störende“ Veranstaltungen handelt. Hängt vielleicht auch ein wenig vom Musikgeschmack ab.

—Dieser Artikel erschien zuerst auf musikexpress.de—

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