Paul McCartney: Alle Alben im Ranking

Zum 80. Geburtstag von Paul McCartney stellt ROLLING STONE-Redakteur Maik Brüggemeyer sein ganz persönliches Ranking aller Post-Beatles-Alben vor

23. „New“ (2013)

Nach dem tollen „Memory Almost Full“ ließ McCartney sich sechs Jahre Zeit bis zum nächsten Album mit ausschließlich eigenen Songs. Das Material war durchaus ebenbürtig, doch es fehlte an der letzten Konsequenz, sich für einen Produzenten zu entscheiden. Der Neo-Traditionalist Mark Ronson wäre vermutlich der richtige gewesen, denn er produzierte mit „Alligator“ und dem Titelstück zwei Höhepunkte des Albums, und sein klarer, knackiger Sound steht McCartney und seiner Band ziemlich gut. Auch Ethan Johns – Sohn des Toningenieurs/Produzenten Glyn Johns, mit dem McCartney die Beatles auf „Get Back“ zurück zu ihren Wurzeln führen wollte – machte einen guten Job, in dem er McCartney auf der anrührenden Beatles-Reminiszenz „Early Days“ und dem psychedelischen „Hosanna“ einfach machen ließ, Adele-Produzent Paul Epworth ging in die entgegengesetzte Richtung und mischte sich sogar noch ins Songwriting ein, und Giles Martin musste zwischen den Extremen vermitteln, um „New“ einen halbwegs einheitlichen Sound zu geben. Am Ende ist das Ergebnis weniger als die Summe der einzelnen Teile.

22. The Fireman: „Electric Arguments“ (2008)

Auf ihrem dritten gemeinsamen Album spielten McCartney und Youth mit offenem Visier. Man könnte sagen, dass es das konventionellste Fireman-Album ist, weil sich die beiden hier meist am Songformat orientieren, aber manchmal sprengen sie es eben doch, wie beispielsweise in dem rohen, an Captain Beefhearts wildeste Momente erinnernden Eröffnungsstück „Nothing Too Much Out Of Sight“ oder den elektronischen Tracks in der zweiten Hälfte. Einige Tracks erinnern in ihrer improvisierten Art, ihrem Mut zur Unfertigkeit und ihrer hippiesken Aura auch an die experimentelleren Stücke auf McCartneys erstem Soloalbum. Ein „Maybe I’m Amazed“ ist auf „Electric Arguments“ allerdings nicht drauf.

21. „Ecce Cor Meum“ (2006)

Den Titel seines zweiten Oratoriums, der übersetzt „Siehe, mein Herz“ bedeutet, hatte McCartney als Inschrift auf einer Jesusstatue in der Church of St. Ignatius Loyola an Manhattans Upper East Side gesehen. Ursprünglich hatte er sein zweites Oratorium für die Einweihung eines neuen Konzertsaals des Magdalen College in Oxford schreiben wollen. Aber nach dem Tod seiner Frau hatte er die Arbeit daran erstmal eingestellt und es dann zur Premiere 2001 in ein Requiem für Linda McCartney umgewidmet, was dem Stück eine zusätzliche emotionale Kraft gibt. Vor allem der zweite Satz, „Gratia“ betitelt, geht ans Herz und offenbart eine der schönsten Melodien im an schönen Melodien nicht gerade armen McCartney-Werk. Nach einigen Änderungen – viele Chorpassagen waren ursprünglich so lang, dass den Sänger*innen der Atem ausging – wurde „Ecce Cor Meum“ schließlich 2006 aufgenommen. Von McCartneys klassischen Versuchen der lohnendste.

Ranking Paul McCartney Alben

20. Wings: „Wings at the Speed of Sound“ (1976)

Ein während der Wings-Welttournee aufgenommenes Album, das trotz grandioser Songs wie den Über-Singles „Silly Love Songs“ und „Let Em In“, dem fast ebenbürtigen „Beware My Love“ und äußerst hübscher Stücke wie „San Ferry Ann“ und „Warm And Beautiful“ auf langer strecke nicht so richtig funktioniert, weil McCartney beweisen wollte, dass die Wings mehr waren als seine Begleitband: die Gitarristen Jimmy McCulloch und Denny Laine dürfen eigene Songs beisteuern, und auch Schlagzeuger Joe English und Linda McCartney sind jeweils auf einem Stück als Leadsänger*in zu hören.

19. „Flowers in the Dirt“ (1989)

Der Misserfolg von „Press To Play“ (1986) hatte McCartney verunsichert. Den bereits fast fertigen Nachfolger „Return To Pepperland“, den er mit dem Produzenten Phil Ramone aufgenommen hatte, verwarf er, um sich in der Zusammenarbeit mit Elvis Costello neue Inspiration, Orientierung und Schärfe zu holen. Das klappte ziemlich gut: Die beiden schrieben Songs, die für ein superbes Album gereicht hätten, doch dann fehlte es McCartney an der nötigen Konsequenz und er verwendete (zunächst) nur vier der Co-Kompositionen, mischte sie mit Stücken des verworfenen „Return To Pepperland“ und arbeitete mit viel zu vielen Produzenten, die mit ihrem jeweils charakteristischen Sound jeweils die Alben der Dire Straits, Simple Minds, von Frankie Goes To Hollywood und Tears For Fears geprägt hatten. Die erste Seite des Albums ist mit „My Brave Face“, einer McCartney-Costello-Komposition, die an Mitt-60er-Beatles erinnert, dem gemeinsamen Duett „You Want Her Too“, der von Prince-Arrangeur Clare Fisher elegant inszenierten Ballade „Distractions“ und der akustischen Kostbarkeit „Put It There“ reich an Höhepunkten, die zweite gehört vermutlich trotz des süffigen Pop-Songs „This One“ und des Costello-McCartney-Gospels „That Day Is Done“ zu den schwächeren LP-Seiten in McCartneys Oeuvre.

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