Paul McCartney: Alle Alben im Ranking

Zum 80. Geburtstag von Paul McCartney stellt ROLLING STONE-Redakteur Maik Brüggemeyer sein ganz persönliches Ranking aller Post-Beatles-Alben vor

3. „Chaos and Creation in the Backyard“ (2005)

John Lennons Tod stürzte McCartney in eine große kreative Krise. Er löste die Wings auf, produzierte mit „Tug Of War“ (1982) noch ein geradezu klassisches Album und schien in der Zusammenarbeit mit Stevie Wonder, Michael Jackson, 10ccs Eric Stewart und Elvis Costello (unbewusst?) nach einem neuen Songwriting-Partner und Lennon-Ersatz zu suchen. Doch es brauchte schließlich einen Produzenten, der ihm die Stirn bot, um ihn zu Höchstleistungen zu treiben. Den fand er in dem durch seine Arbeiten mit Radiohead und Beck zu Ansehen gekommenen Briten Nigel Godrich. Godrich zwang McCartney, seine Songs auszuformulieren, an Strukturen und Texten zu feilen, seine rockistische Tourband zu Hause zu lassen und – wie auf seinen Soloalben „McCartney“ (1970) und „McCartney II“ (1980) – so gut wie alle Instrumente selbst zu spielen. „Chaos And Creation In The Backyard“ ist ein Album, auf dem McCartney die Maske des ewigen Jungen abnimmt, sich verletzlich und introspektiv gibt, über Alter und Tod singt. Die Songs sind mit viel Liebe zum Detail arrangiert, alles ist hier durchdacht, klingt klassisch und geschmackvoll. Den albernen, spontanen, exzentrischen McCartney, den man auf fast allen anderen Solo-Alben findet, hat Godrich hier ausgeblendet, man hört einen Alten Meister des Pop – der McCartney aber vermutlich nie sein wollte. Godrich und McCartney gingen jedenfalls nicht im Guten auseinander, aber das Ergebnis gibt dem Produzenten natürlich recht.

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2. Paul McCartney & Wings: „Band on the Run“ (1973)

Das Post-Beatles-Exil war mit „Band On The Run“ endgültig überwunden, McCartney war aus der Einsiedelei zurückgekehrt, hatte wieder Ohren für das, was in der Popwelt vor sich ging (Glam- und Prog-Rock etwa), und baute sich aus den angesagten Klängen und Formen eine musikalische Identität zusammen, die für seine neue Band charakteristisch werden sollte und wenig mit den Beatles gemein hatte. Ein Triumph, und das, obwohl die Wings kurz vor den Aufnahmen zu ihrem dritten Album bereits am Ende schienen, denn Schlagzeuger Denny Seiwell und Gitarrist Henry McCullough verließen am Vorabend des Abflugs nach Lagos, wo große Teile von „Band On The Run“ entstehen sollten, die Band. Unter widrigsten Umständen nahmen die McCartneys mit Denny Laine schließlich als Trio einen Klassiker aus epischen Rocksongs und betörenden Melodien auf. Während die ehemaligen Kollegen Ende 1973 ihr Pulver verschossen zu haben schienen, startete McCartney durch, und die Wings wurden eine der größten Rockbands der 1970er-Jahre.

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1. Paul & Linda McCartney: „Ram“ (1971)

Dem Debüt, „McCartney“, war eine Beatles-Depression durchaus anzumerken, „Ram“ ist ein Jahr später ein geradezu manischer Neuanfang. Es erschien mit der Autorenzeile: „Paul & Linda McCartney“, die Familie hatte die Band ersetzt, und seine Frau war mit ihrer Furchtlosigkeit und Stärke, ihrem Hippietum und ihrer Liebe Quelle einer neuen Wärme und Haltung im Werk ihres Mannes. „Piss off“, singt McCartney zu Beginn (bzw. „piss-off cake“ wie in „piece of cake“), so als wollte er sagen: „Geht ruhig alle weg, ich kann das auch allein“, um dann die ganze Palette seines Könnens zu zeigen: vom (scheinbar) simplen Akustikstückchen bis zur Pop-Sinfonie, vom räudigen Rocker bis zur zarten Ballade. Aber so ganz hat er mit der Vergangenheit noch nicht abgeschlossen, wendet er sich in „Too Many People“ doch an John Lennon („Too many people going underground“, „That was your first mistake/ You took your lucky break/ And broke it in two“), erklärt als derjenige, der die Beatles immer angetrieben hat, Lennon, Starr und Harrison zu einem dreibeinigen Hund, der nicht rennen kann, während er selbst auf einem Pferd sitzt und einen Hügel hinaufreitet („3 Legs“). Und selbst im forschen, vorpreschenden „Ram On“ des Titelsongs steckt eine Reminiszenz an Beatles-Tage, nannte er sich doch „Paul Ramon“, als er 1960 mit Johnny Gentle & the Silver Beetles durch Schottland tourte. 1971 fiel „Ram“ bei der Kritik und den Ex-Kollegen durch. In den vergangenen zwei Jahrzehnten wurde es von neuen Generationen wiederentdeckt. Wenn die Genrebezeichnung Power-Pop jemals eine Berechtigung hatte, dann zur Beschreibung dieses Albums.

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