RS-Guide

Prince: Dies sind seine entscheidenden Alben

Im Buyer's Guide wirft ROLLING-STONE-Redakteur Sassan Niasseri einen Blick auf die wichtigsten Platten sowie Raritäten und Obskuritäten von Prince.

Essenziell

Purple Rain (1984)

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Mit seinem sechsten Album schuf Prince einen Meilenstein des Funk-­Rock, vereinte Schwarz und Weiß, schrieb mit dem Titelsong eine Hommage an Bruce Springsteen (und Journey) und mit „When Doves Cry“ den legendären „Tanzflächen­ Geniestreich ohne Bass“. „I’m not your woman/ I’m not your man/ I am something that you’ll never understand“ wird heute noch als Statement zur Uneindeutigkeit seiner Geschlechtsidentität fehlinterpretiert, tatsächlich verglich Prince sich in „I Would Die 4 U“ bereits schlicht mit Jesus. „Auch „Darling Nikki“ riss Grenzen ein: Für die Textzeile „I met her in a hotel lobby, masturbating with a magazine“ wurde der heute noch gebräuchliche „Warning! Explicit Lyrics!“­Sticker 1984 als Warnhinweis eingeführt. Am Ende erhielt der damals 26­jährige Prince für die Musik zum „Purple Rain“-Film einen Oscar – danach wurde die Kategorie „SongSoundtrack“ abgeschafft.

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Parade (1986)

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Prince drehte seinen zweiten Kinofilm, „Under The Cherry Moon“, und komponierte 1985 und 1986 so viele Songs wie nie. Dass er daraus lediglich diesen einen, pop­jazzigen Soundtrack destillierte – zwölf Songs, und nach neun Minuten waren schon vier davon vorbei, bei einer Gesamtspieldauer von nur 40 Minuten –, ist eine Meisterleistung der Reduktion. Auf dem besten mit seiner Band The Revolution eingespielten Album bekommen seine Mitmusikerinnen Wendy und Lisa gebührenden Platz („Sometimes It Snows In April“), und vom Erotik­Hit „Kiss“ sollte man sich nicht täuschen lassen: Prince flirtet darin nicht, er erteilt Befehle.

Sign O’ The Times (1987)

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Erst durch das Reissue im letzten Jahr wurde der Öffentlichkeit bewusst, dass Prince seinen vielleicht größten Triumph aus den Trümmern zweier gescheiterter Beziehungen formte: Er hatte sowohl seine Geliebte Susannah Melvoin als auch seine Band The Revolution verloren. Die Zerrissenheit spiegelt sich in diesem Doppelalbum wider, das ihn gleichermaßen als treuen Ehemann („ Adore“) wie als Aufreißer („Hot Thing“) präsentiert. Er trug eine Brille und weite Gewänder, sein Bassist Levi Seacer Jr. glaubt, Prince wollte wie sein Vorbild Stevie Wonder als politischer Künstler wahrgenommen werden – was ihm mit dem Titelsong gelang.

Lovesexy (1988)

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Auf den Polit-­Funk von „Sign O’ The Times“ und das wegen seiner „Bösartigkeit“ nicht veröffentlichte „Black Album“ folgte dieses Fantasy­Epos, dessen Kunstwort­Titel Prince als Verliebtsein in Gott erklärte, was auch sexuelle Gefühle für den Allmächtigen nicht ausschließt. Den Albumauftakt bestritt mit „Eye No“ erstmals nicht er, sondern die Poetin Ingrid Chavez. Prince rappte auch nicht mehr Fakten über Gang­Kriminalität herunter, sondern redete in Zungen („Hundalasiliah!“) und fabulierte: „Near the bridge of graffiti there lives a band whose soul belongs to God.“ Die CD erschien als One­Track, die Titel ließen sich nicht anwählen, was die Märchenhaftigkeit dieser 45­minütigen Erzählung noch unterstrich.

Lohnend

Dirty Mind (1980)

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Weil das Album floppte, bekam keiner jene dramatische Imagewende mit, mit der Prince die Musik der 80er­Jahre prägen würde wie kein Zweiter: Aus einem Soft­SoulInterpreten wurde ein revolutionärer Künstler in Strapsen und auf High Heels, der über Inzest („Sister“) und Oralverkehr („Head“) sang, ohne ein Sexist zu sein. Anders als auf dem Nachfolger, „Controversy“, diskutierte Prince seine Triebe – Libido und Destrudo noch nicht. Er ließ das unbewusste Es regieren. Und dennoch setzte er, letztmals durchgängig auf einem Album, noch sein Falsett ein, also die Gesangsstimme höflich Verlangender. Im Falsett kann man nicht schreien.

1999 (1982)

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Unter dem Eindruck des Kalten Krieges schuf Prince dieses Doppelalbum über den letzten Tanz vor dem Atombombenabwurf. Die Jetzt­ oder­nie Stimmung setzte er in nervöse Rhythmen um, genannt „Minneapolis Sound“: ein Drumcomputer, darüber die Rockabilly­ Gitarre und Synthies statt Bläser. „Little Red Corvette“ paart New Wave mit dem Sound von Dampfmaschinen. „D.M.S.R.“ beweist, dass Prince keine Hierarchie der Gefühle kannte: Die Reihenfolge der von ihm gerufenen Wörter „dance“, „music“, „sex“ und „romance“ scheint ohne Zusammenhang, vielmehr wie ein Ja zur Gleichzeitigkeit der schönsten Dinge. Es war der Beginn seines Lebens als Superstar.

Around The World In A Day (1985)

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Auf dem Wimmelbild fehlte Prince, darauf angesprochen zeigte er auf die Leiter: Da stand ich und bin auf ihr in den Himmel gestiegen. Nach dem „Purple Rain“­Welterfolg verabschiedete er sich – intuitiv oder kontraintuitiv? – vom Rock und verwendete exotische Instrumente wie Oud und Darbuka. Das Album beginnt mit einer Schlangenbeschwörerflöte und endet mit einem Zwiegespräch mit Gott, der ihn tatsächlich zum Tode verurteilt. Prince, flehentlich: „Love is more important than sex/ Now I understand/ I have to go now/ I don’t know when I’ll return/ Goodbye.“ Heute erscheint es unvorstellbar damals aber war seine Drohung mit dem Karriereende schon ernst zu nehmen.

Ergänzend

The Black Album (1987/1994)

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Sieben Jahre nach ihrer Entstehung erschien die „Funk Bible“, deren unveröffentlichtes Original heute auf Discogs Höchstpreise erzielt, dann doch. Das chaotische Werk vereint so viele Sprechstimmen wie ein Robert­AltmanFilm, es enthält eine Rap – Parodie zum Augenrollen („Dead On It“) sowie mit „Bob George“ einen als Hörspiel getarnten Angriff auf einen Kritiker.

Batman (1989)

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Prince verpflichtete sich zu einer Auftragsarbeit für Tim Burtons Film und schrieb Songs für die DC-Comics­-Figuren. „Batdance“ ist ein Sample-Kunstwerk mit Metal­ Gitarre, in der Extended Version von „Partyman“ präsentiert er als Joker ein Lachen, zu dem nicht mal Jack Nicholson oder Joaquin Phoenix fähig wären.

Schwächer

Prince (1979)

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Den schüchternen R&B und Quiet Storm seines Debüts, „For You“, hatte Prince längst überwunden – aber das zeigten lediglich die Live – Umsetzungen dieses Nachfolgers: In „Why You Wanna Treat Me So Bad? “ streute er auf der Bühne ein wütendes „Bitch!“ ein, „Bambi“ streckte er mit ekstatischen Gitarrensoli. Er war also schon etwas weiter, als er es sich im Studio zutraute. Mit „I Wanna Be Your Lover“ knackte Prince allerdings beinahe die US ­Top ­Ten.

Film

Lovesexy Live (1988)

Die Tickets für das zweite Konzert in der Dortmunder Westfalenhalle ließ er überwiegend in den Niederlanden verkaufen: denn „die wissen, wie man feiert“. Sat.1 übertrug den Auftritt, heute undenkbar, live, und Prince sprach sein Publikum, das auf der ganzen Welt zusah, mit „Europe!“ an. Eine Regie-Meisterleistung von Egbert van Hees, der das Gewirbel von neun Musikern auf einer Rundbühne im Auge behalten musste.

Preziosen

Raritäten und Obskuritäten

„Take This Beat“

„… I don’t mind/ I got plenty others, and they’re so fine“ 1987er­-Kommentar zur übergriffigen Sample-Kultur, in Auszügen auf der „I Wish U Heaven“­ Maxi erschienen.

„People Without“

Ein Rant gegen Kokainmissbrauch, nie aufgenommen, nur live bei den Aftershows 1988 aufgeführt.

„The Rebels“

Unveröffentlichtes 1979erHardrock­ Projekt. Sein einziger Versuch mit Bandmitgliedern als gleichberechtigten Songwritern. Das hört man leider auch.

„Leaving For New York“

1976er­ Demo über Hoffnung und Angst vor der Karriere in einer großen Stadt. Erstmalige Verwendung der Wörter „dawn“, „purple“ und „rain“.

„Mirror Message“

Die rückwärts gesprochene „Darling Nikki“­ Coda ist vorwärts gesprochen alles andere als satanisch: „Hello, how are you …? “

„Lust U Always“

Fehlt allen Reissues, denn Prince deutet an, seine Angebetete notfalls zu vergewaltigen. Robert Palmer nahm das Lied neu auf, entschied sich dann aber auch gegen eine Veröffentlichung.

„I Would Die 4 U“

Die Extended Version der Single präsentiert mit mehr als 30 Minuten seinen vielleicht längsten Jam – und musste dennoch ausgeblendet werden, weil Prince und Band nicht aufhörten zu spielen.

„An Honest Man“

Eine kommende „Parade“Wiederveröffentlichung enthält hoffentlich alle Pianoskizzen, wie diesen Sundowner aus der „Under The Cherry Moon“­ Eröffnung.

„The Screams Of Passion“

Veröffentlicht von seinen Protegés The Family. Prince nahm eine Rehearsal-­Version auf, die seinem „Originals“Album (2019) mit Originaleinspielungen leider fehlt.

„When Doves Scream“

Eine Gag­-Version seines Hits als Punk­-Nummer, bei der er die Stimme eine Pathos­ Etage tiefer legt.

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