ROLLING STONE hat gewählt: Die 500 besten Alben aller Zeiten

Der deutsche ROLLING STONE hat ein neues Ranking der 500 besten Alben aller Zeiten aufgestellt

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Miles Davis

Kind of Blue

Columbia, 1959

Miles Davis wird oft zugeschrieben, mit dem berühmtesten Jazz-Album der Welt die modale Spielweise begründet zu haben, die sich an ruhenden Akkorden und ihren Tonleitern ausrichtet, anstatt an komplizierten Melodien. Bereits auf dem 1958 in Paris improvisierten Soundtrack für Louis Malles Noir-Krimi „Fahrstuhl zum Schafott“ kann man hören, wie Miles nicht so sehr harmonische Wechsel, sondern filmische Stimmungen spielt. Doch „Kind of Blue“ arbeitet immerhin mit Skizzen von Songs, wenn auch keine schnellen, sondern nur mittlere und langsame. Dies ermöglicht es jedem Akkord, sich in jede Ritze des Raums zu schleichen und ihn vollständig auszufüllen, ähnlich wie eine Schauspielerin.

Miles Davis (1926 – 1991)

Der Grund, warum es keine festen Regeln für diese Platte gibt, liegt an der herausragenden Band, die alles verwandelt. Im Studio sind neben Paul Chambers am Bass und Jimmy Cobb am Schlagzeug nur Stars vertreten: John Coltrane am Tenor-Sax, bereits ein Bandleader in seinem eigenen Recht und bekannt für das Brechen von Schallmauern; Cannonball Adderley am Alt-Sax, der Coltranes Höhenflug einfängt und ihm den bluesigen Boden zeigt; der impressionistische Pianist Bill Evans, der die Band bereits verlassen hatte, bevor Miles ihn spontan ins Studio holt – zum Erstaunen von Wynton Kelly, der nur auf „Freddie Freeloader“ Klavier spielt. Diese Konstellation sprüht vor Energie. Stücke wie „So What“ oder „All Blues“ sind Standards in Jam-Sessions, da sie einfach zu spielen sind – bis die Solos beginnen, dann wird es für die Durchschnittsmusiker schwierig. Aber genau hier hebt diese Band ab. Es ist unfassbar, dass die Hälfte von ihnen zu dieser Zeit noch Heroin konsumiert hat.

(TOBI MÜLLER)

Express Newspapers Getty Images
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