500 beste Alben aller Zeiten

Die 500 besten Alben aller Zeiten: Plätze 3 und 2

Sehen Sie hier die Plätze 3 und 2 unserer 500 besten Alben aller Zeiten.

Platz 3: The Beatles mit „Revolver“ (1966)

Eigentlich hätten die Beatles in der ersten Hälfte des Jahres 1966 ihren dritten Spielfilm drehen sollen: eine Westernkomödie nach Richard Condons Roman „A Talent For Loving“. Doch Manager Brian Epstein lehnte das Drehbuch ab (das dann schließlich 1969 mit Richard Widmark in der Hauptrolle verfilmt wurde), sodass die Beatles plötzlich unerwartet viel Zeit hatten, um sich auf die Produktion ihres nächsten Albums zu konzentrieren.

Sie verbrachten im Frühjahr 1966 etwa 220 Stunden im Studio, während es bei dem im Dezember 1965 erschienenen Vorgänger, „Rubber Soul“, gerade mal 80 Stunden gewesen waren. Ihre musikalischen Ideen wurden komplexer, ihre Forderungen wurden anspruchsvoller, ihr Produzent George Martin war nun nicht mehr alleinige Autorität im Kontrollraum, sondern ebenso wie der junge Toningenieur Geoff Emerick vor allem ein Erfüllungsgehilfe.

Schlagzeuger Ringo Starr gratuliert hier dem Toningenieur Geoff Emerick (links) zu seinem Grammy Award in den EMI-Studios in London am 7. März 1968.

Treibende Kräfte waren dieses Mal Paul McCartney und George Harrison. Bisher im Schatten des durch depressive Verstimmungen und die Wirkung von LSD nun allmählich weniger produktiven Bandleaders John Lennon, erblühten seine Juniorpartner und entfalteten ihre musikalischen Persönlichkeiten. Harrison brachte seine Leidenschaft für indische Musik ein, McCartney seine Liebe zu Music Hall und Motown und sein neu gewecktes Interesse an der Avantgarde. Die größte Entgrenzung stieß allerdings Lennon selbst mit „Tomorrow Never Knows“ an.

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Dieses sich mithilfe seiner Freunde zu einem psychedelischen Drone entwickelnde Ein-Akkord-Stück war der erste Song, den die Beatles für das neue Album aufnahmen, und er gab die Richtung vor. „Revolver“ ist das radikalste Album der Beatles, oszilliert in gerade mal 35 Minuten zwischen indischem Raga, Motown-Soul, Kammermusik und Acid Rock, Kunst- und Kinderlied, Musique concrète und Prä-Rock’ n’Roll- Balladen. Alles war möglich, und alles gelang.

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Trotzdem galt es bis in die Neunziger hinein bei Kritikern (und, was die Verkäufe angeht, auch bei Fans) weniger als die Nachfolger „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“, „The Beatles“ und „Abbey Road“. Ein Grund dürfte sein, dass in den USA 1966 eine um drei (Lennon-)Stücke gekürzte Version des Albums erschien, die wiederum in dem Tumult um Lennons Äußerung, die Beatles seien populärer als Jesus, unterging.

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Für nachfolgende Generationen – vor allem für die durch die „Beatles Anthology“ Mitte der Neunziger angefixte Britpop-Generation – ist das die Energie der frühen und die Experimentierfreude der späten Beatles vereinende Werk zu Recht das Nonplusultra der Fabness.

Maik Brüggemeyer

Platz 2: Marvin Gaye mit „What’s Going On“ (1971)

Im letzten 500er-Ranking unserer US-Kollegen belegte „What’s Going On“ Platz 1. Der war in den vergangenen Jahrzehnten immer für „Pet Sounds“, „Blonde On Blonde“ oder ein Album der Beatles reserviert. Nun, „What’s Going On“ ist so etwas wie das „Sgt. Pepper’s“ des Soul, aufgeladen mit einem erstarkten afroamerikanischen Selbstbewusstsein.

Marvin Gaye, hier 1983

Es ist ein politisches Album, aber vor allem ein Album, das die Sprache und Harmonie des Rhythm & Blues erweiterte, das sich vom Uptempo- Sound der Motown-Hitfabrik emanzipierte, Jazz hineinließ und Soul neu definierte. Marvin Gayes erstes selbst produziertes Album markiert Anfang der 70er-Jahre eine Zeitenwende in der Popmusik. Als er 1970/71 „What’s Going On“ aufnimmt, hat er eine tiefe Schaffenskrise überwunden, ist die gleichnamige Single entgegen den Erwartungen seines Chefs Berry Gordy in den USA ein Nummer-eins-Hit geworden.

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Der den Katzenjammer nach der Euphorie der Bürgerrechtsbewegung und die Tragödie von Vietnam reflektierende Song kommt auf Samtpfoten daher, ist in einen orchestralen Flow gehüllt, von einem weichen Bass geführt, vereint auf bis dahin ungehörte Weise Soul und Jazz. Und über allem Gayes leidenschaftliches Falsett. Im Studio arbeitet er erstmals weitgehend allein mit seinen Musikern, er ist Autor und Produzent und frei wie nie zuvor.

Das Album variiert diese Grundstimmung, thematisiert gesellschaftspolitische Fragen, lässt die Musik elegant und deep in einen besseren Morgen grooven. Und selbst ein die Umweltzerstörung anprangernder Song wie „Mercy Mercy Me“ klingt wie ein Liebeslied.

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Marvin Gaye ist einer der ersten afroamerikanischen Künstler, die das Format Album als Kunstform nutzten und sich durch die Arbeit daran überhaupt erst wirklich als Künstler entdeckten. „What’s Going On“ steht für eine Freiheit, die Generationen von Musikern und Musikerinnen den Weg bereitete. Und: Es ist ein unwahrscheinlich bewegendes Album.

Sebastian Zabel

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