Torsten Sträter im „LOL“-Interview: „Staffel 5 ist extrem brutal“

Wird Torsten Sträter erneut bei „LOL: Last One Laughing“ gewinnen? Er müsste an Otto Waalkes vorbei

Am 28. März 2024 startet bei Amazon Prime die fünfte Staffel von „LOL: Last One Laughing“. Teilnehmer sind Hazel Brugger, Olaf Schubert, Mirja Boes, Meltem Kaptan, Michael Kessler, Ralf Schmitz, Elyas M’Barek, Ina Müller, Otto Waalkes – und Torsten Sträter, der die erste Staffel gewann. Der Komiker, Kabarettist und Autor befindet sich derzeit auf „Mach mal das große Licht an“-Tournee.  Ein Gespräch über den Versuch, ernst zu bleiben, Teddy Teclebrhans Vernichtungskrieg und die Ehre, mit Otto in einer gemeinsamen Sendung zu sein.

Sie sind bei „LOL“ der Titelverteidiger …
Vier Staffeln später verteidige ich also meinen Titel.

… und in Staffel eins sagte Carolin Kebekus: Torsten ist mein Angstgegner. Wer ist Ihr Angstgegner?
Angstgegner habe ich eigentlich nicht. Auch wenn Carolins Imitation von verschiedenen Furzgeräuschen der Technik und dem Feingefühl einer Panflötenspielerin gleichkommt. Ich war baff, als sie das aufführte. Ich bereite mich auf meine Mitspieler aber nicht vor. Die erste Staffel war noch herausfordernd. Sie wurde mitten in der Pandemie produziert. So richtig mit Blutabnehmen, Maske hier, Maske da, Quarantäne. In desinfizierten Autos nach München zur Aufnahme. Da wusstest Du noch gar nicht, was die eigentlich von einem wollen. „Wir sperren Dich mit anderen Komikern sechs Stunden lang in einen Raum ein“ – klingt inmitten der Pandemie ja nicht nach einem guten Plan. Ich wusste nur, dass ich da was machen muss und ein bisschen was vorbereiten und andere zum Lachen bringen soll. Was für ein Monsterprojekt das Ganze ist, war uns allen gar nicht klar.

Wie blicken Sie heute auf ihr „LOL“-Debüt zurück?
„LOL“ war das Lustigste, an dem ich je beteiligt war. Das dachte ich bei Staffel eins schon, und Staffel fünf ist nochmal lustiger. Und das ist kein Promo-Gelaber. Es war das Aller-aller-aller-Lustigste, das ich je erlebt habe. Abgesehen vielleicht von ein bis zwei Abenden, als ich jung war, und mit Freunden unterwegs, die könnten lustiger gewesen sein. Die Staffel ist extrem spannend, die Staffel ist extrem brutal. Staffel eins besaß dagegen diese schöne Unschuld, weil man nicht wusste, worum es eigentlich gehen würde. Keiner konnte wissen, ob „LOL“ hierzulande ein Erfolg wird. Wobei man ja nicht sagen kann, dass ich mich in Staffel eins besonders hervorgetan hätte. Ich hab‘ nicht einen Gag nach dem anderen losgelassen, ich saß da eher rum wie ein Sack Kartoffeln. Ich hatte auch keine Handpuppe parat, wie Teddy Teclebrhan.

Aber die – meiner Ansicht nach –lustigste Einlage stammte doch von Ihnen: Die Erzählung von den Billard spielenden Hunden.
Danke, auf die Billard spielenden Hunde bin ich auch heute noch stolz. Aber die fünfte Staffel schlägt alles. Warten Sie mal ab. Zuerst dachte ich, ich weiß ja, wie das jetzt geht, schließlich habe ich schonmal gewonnen. Ich hatte mir bei Staffel eins auch die Frage gestellt: Willst Du das überhaupt gewinnen? Dann blieben nur noch Teddy und ich übrig, und wir lieferten uns diesen Vernichtungskrieg.

Wissen Sie, ob es unter den Gästen Mitspracherecht gibt, wer letztlich mit einem in den Raum gesteckt wird?
Das ist reine Amazon-Sache. Aber unabhängig davon mögen sich die Komikerinnen und Komiker untereinander alle. Die sind alle in Ordnung. Und ich, Mitspracherecht bei Amazon? (Lacht). Wer bin ich denn? Ich möchte meine Pakete bis mittags um Zwölf, und dafür bezahle ich.

Die „LOL“-Siegprämie wird traditionell gespendet.
Die Hälfte der 50.000 Euro gab ich Teddy, der damit ein Projekt in Eritrea unterstützte. Meine Hälfte ging an die SOS-Kinderdörfer, für die ich Botschafter bin. Es ist in der Schluss-Episode vielleicht nicht so ausführlich zu sehen, aber Teddy hat sehr viel von Eritrea, wo er geboren wurde, erzählt. Mit einem Geldbetrag in dieser Höhe kann man dort sehr viel erreichen. Ich wollte fünf Minuten Ruhe vor Teddy haben, damit er aufhört mich zum Lachen bringen zu wollen – also hatte ich ihn gefragt, was er denn mit den Gewinn würde machen wollen, und er setzte zu einem ausgiebigen Vortrag an. Mich hatte seine Idee der Spende überzeugt, also gab ich ihm die Hälfte ab. Wenn Du teilen kannst, sollst Du teilen.

Sind Sie eigentlich „LOL“-Zuschauer, haben Sie die anderen Staffeln gesehen?
Ich habe alle geguckt. Bei der Aufzeichnung der zweiten war ich auch dabei. Staffel zwei ist meine liebste, weil Bastian Pastewka darin mitgemacht hat. In der Staffel wäre ich nach fünf Minuten rausgeflogen. Ich kann mit vielem umgehen, aber nicht mit Bastian Pastewka. Ich gehe komplett kaputt an ihm. Und dann fängt er auch noch an, Lieder zu singen. Der baut echt nur Kacke.

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Warum versuchen eigentlich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die anderen zum Lachen zu bringen, indem sie stets „in character“ agieren? Warum probiert keiner mal etwas, das keiner erwartet?
Ich habe ja keinen „Charakter“. Ich bin immer „out of character“, weil, ich kann ja nichts.

Sie sind kein physisch agierender Komiker, ihr Stil ist der distanzierte Vortrag von komischen Dingen, der „Straight Face“-Ansatz.
Das ist mein einziges Stilmittel. Das ist aber nichts Aufgesetztes, das ist einfach meine Art vorzutragen. Ich habe keine andere. Durch den distanzierten Vortrag wird Schwachsinn noch schwachsinniger. Aber der Schwachsinn wird dadurch auch geerdet. Man kann den Leuten dann noch mehr Bullshit erzählen. Eine „Figur“ habe ich nicht. Manche nennen das, was ich mache, Stand-up, andere nennen es Stand-up-Vortrag, vielleicht ist es ein langer Impuls-Vortrag. Grundlage meines Humors ist ja das Schreiben, mein Humor befindet sich auf dem Blatt Papier. Ich hatte irgendwann mit dem Mützen-Blödsinn angefangen …

… Ihr Markenzeichen: die schwarze Beanie-Mütze …

… und es stört noch nicht genug, als dass ich deswegen damit aufhören müsste. Aber ich bin so, wie ich bin, kann also gar nichts. Deshalb muss ich alle paar Monate auch Rollen in Kinofilmen ablehnen. Weil ich das einfach nicht kann – schauspielern. Ich freue mich über die Angebote, frage mich aber, wie die auf mich kommen. Man fragt doch auch keinen ungelernten Gas-Heizung-Wasser-Installateur nach einer Reparatur.

Sollten Sie in diesen Filmen als Torsten Sträter auftreten, oder sollten Sie eine Rolle verkörpern?
Wie kann ich denn als Torsten Sträter auftreten, wenn einer ein Drehbuch geschrieben hat. Alles, was ich erzähle, habe ich auch selbst geschrieben. Meine Sendungen, meine Programme, alles schreibe ich selbst. Sonst brauchst Du doch keinen 57-jährigen Typen mit Mütze, dann kann die Witze gleich ein anderer machen. Ich glaube nicht, dass ich überzeugend zwei DIN-A4-Seiten als Torsten Sträter vortragen könnte mit Fremdmaterial. Ich habe ein gewisses Talent Leute zum Lachen zu bringen. Aber das ist eine Schmalspurbahn. Links und rechts davon ist nichts. Kein Schauspiel, kein Gesang, kein Tanz, keine Instrumente.

Wie bringen Sie sich bei „LOL“ bei, nicht zu lachen?
Starren. Einfach starren. Nur vermeintlich in Teddys Richtung gucken. An Teddy muss man immer vorbeischauen. Leider bewegt er sich sehr viel. Aber mit einem stumpfen Mantra im Kopf kann man viel erreichen. Sich selber vorzumachen, man sei stattdessen verärgert. Als Teddy anfing, mit dem Stoffhamster zu sprechen, dachte ich: Komm, das halte ich aus. Das schaffe ich. Nur: Der Zusammenschnitt im Fernsehen war vielleicht drei Minuten lang. In Wirklichkeit sprach Teddy 20 Minuten lang mit dem Hamster. Zwanzig Minuten. Die Vorgabe lautete: Jeder soll mal zwei bis drei Nummern vorbereiten, mit einer Dauer von fünf Minuten pro Einlage. Aber Teddy hörte einfach nicht auf, mit der Hamster-Nummer nicht, und mit der Schlangen-Nummer dann auch nicht.

„Mirco Nontschew fehlt an allen Ecken und Enden“

Das heißt auch, manches wäre in der Langfassung gar nicht so lustig anzusehen? 
Der Schnitt ist notwendig, weil in diesen sechs Stunden manchmal wenig passiert. Der eine kratzt sich an der Pobacke, der andere macht sich einen Tee. Wir waren sogar bemüht so zu tun, als wäre das eine ganz normale WG. Was mir beim Zusammenschnitt aufgefallen ist: Ich hatte viele Dinge im Raum gar nicht bemerkt, Gott sei Dank. Mirco Nontschew, Gott habe ihn selig, er fehlt wirklich an allen Ecken und Enden, der stand fünf Meter vor mir und hat in eine Banane hineingesprochen. Ein Glück, dass ich das nicht gesehen hatte. Mirco hat immer so kleine Sachen gemacht, so Mikro-Komik. Die einen komplett aus der Bahn werfen konnte. Teddy und Mirco waren hart, aber bei Pastewka hätte ich, wie gesagt, sofort kapituliert. Er ist einer der drei lustigsten Männer in Deutschland.

Wann hatten Sie die Anfrage nach einem weiteren „LOL“-Auftritt bekommen?
Ich habe mich selbst ins Gespräch gebracht, habe bei Amazon anklopfen lassen. Ich wollte da einfach wieder gerne mitmachen. Ich wollte eine Scharte auswetzen. Nicht nur einfach wieder rumsitzen, wie in Staffel eins, sondern auch selbst mal was tun. Positiver sein, mich mehr einbringen. Ich will nicht, dass Deutschland von mir denkt, ich sei so verbissen, dass ich niemals lachen muss.

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Sie sind in Staffel eins durchgekommen, ohne einmal richtig zu lachen, oder?
Doch, eines von zwei „LOL“-Leben wurde mir genommen. Auch, wenn ich immer noch der Ansicht bin, dass ich nicht gelacht hatte. Ich hatte mir vorher eine Klammer ins Maul gesteckt, das sah dann so aus.

Auch Teddy sagte, er hätte vorher nicht gelacht, als er gegen Sie verlor.
Keine Ahnung. Ich unterwerfe mich den Regeln. Aber bei der fünften Staffel wollte ich unbedingt dabei sein. Man soll sowas ja nie zugeben, sondern erzählen: „Nun, da ich gefragt wurde, habe ich doch gerne zugesagt“, aber ich hatte mich wirklich aktiv eingebracht um wieder dabei sein zu können. Ich sagte: „Was ist hier los? Wollt ihr mich denn gar nicht wieder fragen, ob ich dabei sein will? Ihr könnt ja fünf Mal Kurt Krömer fragen, den ich sehr schätze – aber was ist mit mir?“ Es ging mir wirklich nicht darum, meine Bekanntheit aufrecht zu erhalten, denn Bekanntheit ist flüchtig. Ich wollte schlicht vieles besser machen als in der ersten Staffel.

„Ich glaube nicht, dass Bully als Kandidat schnell rausfliegen würde“

Sollte Showrunner Michael „Bully“ Herbig nicht auch mal als Kandidat teilnehmen?
Bully ist ein Schauspieler. Und Schauspieler können sich besser beherrschen als normale Leute. Und dann ist er auch noch Regisseur. Also deutlich disziplinierter als unsereins. Ich glaube nicht, dass er als Kandidat so schnell rausfliegen würde. Bully kann vieles ausblenden. Er arbeitet in einem Bereich, in dem man mit vielen Leuten gleichzeitig zu tun hat, ist nicht nur Komiker, sondern dreht auch selbst. Er ist verantwortlich für einen Bereich, in dem alles, was falsch gemacht wird, Geld kostet. So ein Bully kann sich ziemlich gut zusammenreißen.

Das „Wer zuerst lacht“-Spiel ist ein archaisches, oder nicht?
Es ist das Ursprungsspiel. Dieses Spiel gab es vor dem „Wer bringt denn anderen zum Weinen“-Spiel, was heute als Mobbing gilt. „Wer zuerst lacht, verliert“ ist das Spiel, das wir alle als Erstes aller Spiele gespielt haben. Das ist in uns drin. Es ist auch das beste Spiel. Es hat die beste Idee. Daran glaube ich. Ich glaube nur an vier Gefühle: Scham, die absolute Peinlichkeit, dann Trauer, dann Angst – die Angst vor Höhe, die Angst vor Dunkelheit. Und als viertes Gefühl: Lachen. Diese vier Gefühle sind die Gefühle, die wir nur schlecht beeinflussen können.

Geht es Ihnen eher darum, bei „LOL“ zu bestehen oder die anderen aktiv rauszuwerfen?
Natürlich will man die anderen rauswerfen. Wobei man zum Beispiel bei Teddy wenig über seine Motive sagen könnte, er war ja nur bei einer Staffel dabei. Tatsache aber ist, er hat die Leute rausgekegelt.

„Was Ricky Gervais heute macht, hat Otto schon vor 40 Jahren gemacht“

Wie kann man sich denn von Otto Waalkes überraschen lassen? Es gibt keinen Komiker, dessen Einlagen berechenbarer sind. „Holladihiti“, der Hoppelgang bei weit aufgerissenem Mund …
Überraschen lassen kann ich mich von Otto nicht. Was immer Otto macht, ich kann es auswendig. Und das sage ich deshalb, weil ich – das sind nun diese weihevollen Sprüche älterer Leute – mit Otto aufgewachsen bin. Otto, Heinz Erhardt, Ephraim Kishon, die drei haben mich extrem geprägt. Otto ist der König. Der hatte damals einmal pro Jahr ein Fernsehspecial auf die Beine gestellt. Was Ricky Gervais heute macht, hat Otto schon vor 40 Jahren gemacht. Mit einer vollgemüllten Bühne, und Otto spielt was. Seine Schallplatten waren Schätze. Die „Otto“-Platte hat man nicht verliehen. Man hat das „Otto“-Buch nicht verliehen. Man hat das „Otto“-Buch nicht wiedergekriegt. Man hat das „Otto“-Buch behalten, wenn man es geliehen bekommen hat. Als Otto dann ins Amazon-Studio kam, war das wie: „Willkommen im Zentrum der Humorschaffenden – hier ist Jesus Christus!“ So war das. So war das, als Otto reinkam. Ich war voller Ehrfurcht. Und voller Glück. Nicht viele Menschen haben die Gelegenheit, zwei Meter neben ihm zu sitzen und Otto Waalkes als Otto zu erleben. Das Glück hat kaum einer.

Sein Dauergrinsen aber wird er den „LOL“-Regeln entsprechend wohl abgestellt haben. Ihr Impuls, ihn zum Lachen zu bringen, muss doch groß gewesen sein.
Nein. Ich traue mich doch nicht, Otto zum Lachen bringen zu wollen. Das ist schließlich Otto. Ich werde jetzt nichts zur fünften Staffel spoilern, aber ich habe mich bei manch anderen abgearbeitet, um sie zum Lachen zu bringen.

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Treffen Sie die Auswahl Ihrer „LOL“-Nummern auch nach der Zusammenstellung der Kolleginnen und Kollegen, die um den Sieg kämpfen – haben Sie eine Vorahnung, wenn sie leicht zum Lachen kriegen?
Nein, wenn ich selbst darüber lachen kann, wie bei den „Billard spielenden Hunden“, dann muss das reichen. In der fünften Staffel gibt es einen besonderen Fall, eine Person, auf die ich mich eingeschossen habe. Ich will nicht verraten, wer das ist.

Kurt Krömer sagte, die ersten 20 „LOL“-Sekunden seien die Schlimmsten.
Näh, die ganze Zeit, die ganzen sechs Stunden sind eine Herausforderung. In der ersten Stunde fühlt man sich sicher. Und dann blättert eine Schicht der Beherrschung nach der anderen von Dir ab. Du wirst müde. Du wirst unaufmerksam. Was kann man denn schon sechs Stunden lang konzentriert durchziehen? Sechs Stunden Schule, sechs Stunden Mathe – danach bist du durch wie ein Brötchen. Das gilt auch für Sachen, die man gerne macht. Sechs Stunden lang Filme ansehen, das kann keiner. Sechs Stunden Sport … die meisten Sachen sind nach zwei Stunden auserzählt. Wir aber sitzen sechs Stunden in dem Raum. Da fällt man nach einer gewissen Zeit auseinander. Man kann sich dort auch nicht sechs Stunden auf die Couch legen. Jede Staffel wird analysiert und hinterher gibt es den Wunsch nach noch mehr Action, mehr Material, mehr Nummern. Hinterher rausschneiden kann man ja immer.

Warum sagt bei „LOL“ eigentlich nie jemand: Das war jetzt überhaupt nicht lustig?
Wir schämen uns doch sowieso die ganze Zeit, weil wir Deutsche sind. Wir versuchen möglichst keine Schadenfreude zu zeigen – weil wir Deutsche sind. Das würde unkollegial wirken. Würden wir Kollegen darauf hinweisen, dass ein Gag nicht gezündet hat, wäre das vielleicht noch kein toxischer Kommentar. Aber er wäre auch nicht zielführend. Denn selbst, wenn es lustig war, will man bei „LOL“ ja keinen Hinweis darauf geben, dass man es lustig fand. Sonst machen die ja weiter mit den guten Witzen. Bei „LOL“ eine Nummer zu bringen, macht halt auch weniger Spaß, wenn man weiß, dass man keine Belohnung dafür bekommt – die anderen wollen ja nicht lachen und werden dir auch nicht applaudieren. Dieses Erfolgserlebnis wird Dir bei „LOL“ weggenommen. Aber Dir zu sagen, dass etwas nicht lustig war? Dafür ist der Deutsche dann doch zu höflich.

Was soll eigentlich an Bullys „Geheimwaffe“ Martin Siebert und dessen „ansteckender Lache“ so komisch sein?
Hier geht es um einen Mechanismus. Lachen kann nunmal ansteckend sein. Jemanden in die Sendung einzubringen, der andere zum Lachen animiert? Das ist doch kein schlechter Hebel. Es gibt meiner Ansicht nach auch Filmausschnitte, die immer funktionieren – die einen immer wieder zum Lachen bringen. Ich finde Martin witzig. Nur saß ich da, als er Platz bei uns nahm, selbst schon einige Stunden herum. Ich war ausgebrannt. Ganz schlimm. Ich konnte nicht mehr lachen.

Gibt es bei der sechsstündigen Aufzeichnung Drehpausen?
Was sollen das für Drehpausen sein? Zweimal fünf Minuten vielleicht, und das nicht geplant. Einmal, weil einer was wegwischen musste, einmal vielleicht, weil eine Kamera ausgefallen war. Es ist dann auch nicht so, dass man in diesen Pausen das Lachen nachholen würde. Man wäre ja bekloppt. Wenn man erstmal zulassen würde, zu lachen, hört man vielleicht auch nicht mehr damit auf. Deswegen versucht man auch nicht immer dann zu lachen, wenn man dürfte, also nachdem Bully auf den roten Alarmknopf gedrückt hat, sobald er einen beim Lachen ertappt hat. Als ich mal eine rauchen war, ging’s raus durch das Stahltor, aber es war einer von der Produktion dabei, der ließ mich schweigend meine Zigarette rauchen. Und: Man muss ja auch mal pinkeln.

„Depression? Welcher Aspekt davon soll denn schambehaftet sein?“

Sie sprechen offen über Depressionen, unter denen Sie früher gelitten hatten. Und dass es nicht schambehaftet sein sollte, darüber zu reden.
Ich kann nur für mich sprechen: Ich sehe keinen Grund, Depressionen zu verheimlichen. Wenn es wenigstens eine exotische Krankheit wäre, unter der ich oder unter der man gelitten hätte – meinetwegen. Oder eine mit Blut. Oder Aa. Volkskrankheit Hämorrhoiden. Oder eine Impulskrankheit. Da verstehe ich, dass man das den Leuten nicht erzählen will. Wegen der Befürchtung, dass bei denen dann das Kopfkino losgeht. Aber bei der Volkskrankheit Depression? Die man nicht mal sehen kann? Welcher Aspekt davon soll denn schambehaftet sein? Ich will wirklich nicht polemisch klingen oder mich als Aufklärer inszenieren. Aber, nochmal: Was an einer Depression soll peinlich sein?

Hat jemand mal versucht, Ihren Sieg in der ersten Staffel mit Ihrer früheren Krankheit in Verbindung zu bringen – nach dem Vorurteil: Bei dem braucht es eh mehr Aufwand, um ihn zum Lachen zu bringen?
Was in viralen Medien über mich steht, weiß ich nicht, ich bin da nicht unterwegs. Über meine Teilnahme in der ersten Staffel war ich hochglücklich. Ich hatte was zu tun und wusste, die Siegprämie wird für einen guten Zweck eingesetzt. Und ich war mit tollen Leuten zusammen. Es gibt viele Komiker mit höherem Rang und Namen, aber meine Teilnahme dort war ein Signal an mich, dass ich gut genug bin für diese Sendung. Depressive Phasen habe ich schon seit ein paar Jahren nicht mehr gehabt. Manchmal gibt es Täler, die ich beobachte. Die ich genau beobachte. Gerade bei Erschöpfungen. Das ist auch Teil des Berufs, weil man sehr viel schaffen will oder zumindest sehr viel machen möchte. Von hier zum Radio, vom Radio zum Auftritt, vom Auftritt dann schnell ins Auto und zum Cheeseburger. Aber ich weiß genau, was Depressionen sind, und was lediglich ein Signal ist für das Bedürfnis nach Ruhe.

Sie haben Ihren Durchbruch als Komiker verhältnismäßig spät erzielt. Gibt es noch Vorbilder, denen Sie nacheifern?
Ich könnte keinen von ihnen honorieren, denn sie sind alle einzigartig. An Jochen Malmsheimer kommt man eh nicht ran. Sein Sprachniveau erreicht man nicht. Dann mein lieber Kollege Hennes Bender, der mich gefördert hat, da gucke ich mir auch was ab. Mit ihm und Gerry Streberg betreibe ich den Podcast „Sträter Bender Streberg“. Ich finde es aber besser, nicht zu viele oder zu große Vorbilder zu haben. Erstens erreicht man sie oft nicht, und zweitens wird man oft verbittert, weil man sie nicht erreicht. Dafür wiederum kenne ich keinen Neid. Darüber bin ich sehr froh. Ich freue mich für Mario Barth, wenn der ne tolle Nummer raushaut. Das kann der nämlich. Ich freue mich für jeden, der einen geglückten Witz bringt. Wenn ich könnte, würde ich immer lachen.

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