James Brown: Dies ist die Todesursache des Godfather of Soul

Seine Musik ist einzigartig – dieser Ton, dieses Gefühl. Brown ist sein eigenes Genre. Er hatte ein großes Talent zur Selektion – als Songwriter, Produzent und Bandleader. Er hielt alles knapp und prägnant Er wusste, was zählt.

James Brown war für mich nie nur eine Stimme, sondern das ganze Paket. Aber die Wirkung dieser Stimme gab mir Hoffnung, weil sie ohne großen Firlefanz serviert wurde und nichts mit einer vermeintlichen Riesenstimme zu tun hatte. Und dieser Schrei, der von ganz tief drinnen zu kommen schien und die Rechte eines Urmenschen einforderte: ‚Ich bin lebendig, ich kann alles Mögliche tun!‘ Seine Tanzbewegungen nannte er ‚afrikanische Nervensteuerung‘. Das ergab Sinn. Auf seinen ganz frühen Platten versuchte er, Standards zu singen. Dafür reichte es aber nicht ganz. Ich hörte ihn das erste Mal auf ‚Live At The Apollo‘, das war ein paar Jahre später. Ich arbeitete damals in einem Plattenladen. Auf ‚Apollo‘ gibt es immer noch eine Menge traditioneller Songs – ‚Try Me‘, ‚Lost Someone‘.“ Mit diesen Worten huldigte Iggy Pop seinem Helden in der Liste „Die zehn besten Sänger aller Zeiten“ von ROLLING STONE. Für den Geehrten war es indes ein weiter Weg bis dorthin.

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James Brown wurde am 3. Mai 1933 in Barnwell, South Carolina, in einer Einzimmerhütte im Wald geboren. Als sich seine Eltern trennten, wurde Brown zu seiner Tante Honey nach Augusta, Georgia, geschickt, die ein Bordell führte. Als junger schwarzer Mann, der während der Weltwirtschaftskrise volljährig wurde, nahm er jeden Gelegenheitsjob an, der sich ihm bot. „Ich begann Schuhe für drei Cent zu putzen, dann nahm ich fünf Cent, dann sechs Cent. Ein Dime (10 Cent, Anm. d. Red) wurde es nie“, erinnerte sich Brown später. „Ich war neun Jahre alt, bevor ich ein Paar Unterwäsche aus einem richtigen Laden bekam. Alle meine Kleider waren aus Säcken und ähnlichen Sachen gemacht. Aber ich wusste, dass ich es schaffen musste. Ich hatte die Entschlossenheit, weiterzumachen, und meine Entschlossenheit war, jemand zu sein.“

James Brown war jemand geworden. Am 3. Mai 1979 besuchte er Harlem in New York, um seine Fans am Entstehungsort seiner Karriere zu treffen.

Vom Knast zur Musik

Zunächst wurde James Brown ein Gefängnisinsasse. Im Alter von 16 Jahren wurde er wegen Diebstahls zu drei Jahren Haft verurteilt. Dort lernte er während eines Baseballspiels Bobby Byrd kennen. Die beiden Sänger wurden schnell Freunde, sodass sie 1953 The Famous Flames gründeten. Brown war das herausragende Talent der Gruppe. Er tourte unermüdlich, nachdem er einige Hits landen konnte, und wurde als Der am härtesten arbeitende Mann im Showbusiness“ berüchtigt. „Wenn man hörte, dass James Brown in die Stadt kam, haben Sie damit aufgehört, was Sie gerade taten, und angefangen, Ihr Geld zu sparen“, sagte sein Saxophonist Pee Wee Ellis.

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Brown beherrschte alle modernen Tänze, vom „Camel Walk“ bis zum „Popcorn“. Als er ankündigte, den „James Brown“ zu geben, überwältigte er das Publikum jedoch am meisten. Zudem war er ein so skrupelloser Profi, dass er seine Musiker tatsächlich bestrafte, wenn sie einen Beat verpassten. „Man musste schnell denken, um mitzuhalten“, sagte eines seiner Bandmitglieder. Die Aufnahme von „Live at the Apollo“ von 1962, die Iggy Pop zum Brown-Jünger machte, ließ ihn für immer unsterblich werden. Es wurde sein größter kommerzieller Erfolg und festigte Brown als Mainstream-Künstler mit Crossover-Appeal.

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Rick Rubin über James Brown

Auch Starproduzent Rick Rubin gehört zu den zahllosen James-Brown-Fans. Wie sehr ihn die Songs des „Godfather of Soul“ beeinflusst haben, verriet er in einem Text für ROLLING STONE:

In einer Hinsicht ist James Brown wie Johnny Cash: Johnny gilt als ein König des Country, und es gibt viele Leute, die Countrymusik zwar hassen, Johnny aber verehren. Mit James Brown und R&B ist es das Gleiche. Seine Musik ist einzigartig – dieser Ton, dieses Gefühl. Brown ist sein eigenes Genre. Er hatte ein großes Talent zur Selektion – als Songwriter, Produzent und Bandleader. Er hielt alles knapp und prägnant Er wusste, was zählt. Und er hatte die besten Musiker, the funkiest of all bands.

Hätte Clyde Stubblefield bei einer normalen Motown-Session getrommelt, dann hätten sie ihn nicht das spielen lassen, was er für James bei „Funky Drummer“ spielte. James Vision gab dieser Musik Raum. Und im Zentrum stand immer der Groove, während es so vielen R&B- und Motown-Künstlern damals eher um konventionelle Songs ging. James Browns Songs sind nicht konventionell. „I Got You“, „Out Of Sight“ – das sind die ultimativen Vehikel für einzigartige, sogar bizarre Grooves.

James Brown 1967 in Paris.

„James Brown kommt auf die Bühne und macht sie alle platt“

Der erste Hip-Hop-Hit, der ein Brown-Sample benutzte, war „Eric B. Is President“ von Eric B. & Rakim. Ab da war kein Halten mehr. Ich selbst kann mich nicht erinnern, bei meinen frühen Platten mit LL Cool J oder den Beastie Boys je Samples von James Brown verwendet zu haben. Ich wollte Platten produzieren, die sich so gut anfühlten wie die von Brown, aber ohne ihn zu samplen oder zu kopieren. Mir ging’s drum, das Gefühl, das einem diese Grooves geben, zu verstehen. Das wollte ich mit Drumcomputern hinkriegen.

An demselben Feeling arbeiteten auch die Red Hot Chili Peppers und ich bei „BloodSugarSexMagik“. Wir folgten James Browns Idee, dass nicht immer alle Musiker gleichzeitig spielen müssen. Gib dem Bass seinen Moment; hab keine Angst, einen Song nur mit Gitarre anzufangen oder ihn zwischendurch auf Gitarre und Schlagzeug zu reduzieren. Diese Art von Dynamik hört man auf den Platten von James Brown. Vor Jahren hab ich mal Prince in Minneapolis besucht; ich saß in einem Büro und wartete auf ihn, und auf einem Bildschirm lief in Endlosschleife James Browns Auftritt aus dem Konzertfilm „The T.A.M.I. Show“ von 1964. Das ist vielleicht die absolut beste Rock’n’Roll-Performance, die je von Kameras festgehalten wurde. Die Rolling Stones spielten da auch, überhaupt die wichtigsten Rock-Acts der damaligen Zeit – und James Brown kommt auf die Bühne und macht sie alle platt.

James Brown auf der Bühne, 1965.

Ich sah ihn um 1980 das erste Mal, als ich in Boston an die Highschool ging. Die Show fand in einer Mensa statt, man saß auf Klappstühlen. Es war eines der größten musikalischen Erlebnisse meines Lebens. Wie er tanzte und sang, das war unglaublich, und er spielte eine mit rotem Leder verkleidete Hammond-B3-Orgel, auf der in Nieten „Godfather“ stand. Egal was in seinem Privatleben passierte, seine musikalischen Errungenschaften bleiben. Meisterwerke kommen halt immer von diesen speziellen, einzigartigen Menschen. Die hat Gott berührt. Und James Brown gehört zu ihnen. Seine Legende wird bleiben, weil in seiner Musik der Rhythmus des Lebens steckt.

Die Schattenseiten des James Brown

Browns persönliche Dämonen leiteten ihn schließlich in schweren Drogenkonsum. 1988 ging er high in ein Seminar von Versicherungsvertretern, während er eine Schrotflinte in der Hand hielt. Es folgte eine Verfolgungsjagd mit der Polizei in Georgia, die ihn schließlich verhaften konnte. Er zeugte mindestens neun Kinder und hatte insgesamt vier Ehefrauen, von denen er mindestens drei körperlich misshandelte. Erst 2004 wurde er wegen häuslicher Gewalt strafrechtlich belangt.

James Brown im Madison Square Garden 1960 in New York City.

Am 23. Dezember 2006 war James Brown in schlechter Verfassung. Er hatte bereits Prostatakrebs und Diabetes, aber eine Flaute in seinem Tourneeplan machte die Sache noch schlimmer: Da er nichts zu tun hatte, wandte sich der 73-Jährige abermals den Drogen zu. Sein guter Freund, Andre White, war besorgt und rief seinen Hausarzt Marvin Crawford an, der zudem am Emory Crawford Long Hospital in Atlanta praktizierte. White und Brown betraten das Krankenhaus an diesem Tag durch eine Hintertür.

James Brown ist tot

Charles Bobbit, Browns Manager, bemerkte später, dass sein Klient seit November immer häufiger stark hustete. Sie waren im Herbst auf Europatournee gewesen, aber Brown hatte sich nicht ein einziges Mal über seine Krankheit beklagt. Crawford fand Kokain in Browns Urin und diagnostizierte bei ihm eine frühe kongestive Herzinsuffizienz (keine Lungenentzündung, wie damals weithin berichtet wurde). Er behandelte ihn entsprechend.

Brown sagte einige für die folgende Woche geplanten Konzerte ab, behielt aber seine Silvestershow im Kalender. Er sollte für Anderson Coopers New Year’s Eve Special“ auftreten, doch mit jedem Tag verschlechterte sich sein Zustand. Der Sänger starb schließlich gegen 1:45 Uhr am 25. Dezember 2006 an Herzversagen. Nach Angaben der „New York Daily News“ berichtete Bobbit, dass Browns letzte Worte „Ich gehe heute Nacht weg“ waren, woraufhin er drei lange Atemzüge nahm und verstarb.

„Soul power“ zur Beerdigung

Seine Beerdigung am 28. Dezember war so leidvoll und feierlich wie einige von Browns besten Songs. Browns 24-karätiger goldener Sarg wurde von einem in eine weiße Kutsche überführt, die von Pferden mit Federn auf dem Kopf gezogen wurde. Es gab keinen besseren Ort für diesen Anlass als das Apollo Theater in Harlem. Hier machte er sich einen Namen, und trauernde Fans konnten nun Frieden mit seinem Ableben schließen. Die Menge skandierte „soul power“, als die Prozession in das Theater zog.

Zwei Tage später sprachen Michael Jackson und Jesse Jackson bei einer weitere Gedenkveranstaltung in Augusta, Georgia, während Ex-Temptations-Mitglied Ollie Woodson auftrat und MC Hammer aus dem Publikum zuschaute.

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„Bei ihm ging es um den Respekt vor sich selbst und seinem Volk“, sagte Olivio Du Bois, Urenkel des Bürgerrechtlers W.E.B. Du Bois. „Andere mögen mir gefolgt sein, aber ich war derjenige, der den rassistischen Minnesänger in eine schwarze Seele verwandelte – und dadurch zu einer kulturellen Kraft wurde“, schrieb Brown in seinen Memoiren. „Ich sagte immer: ‚Wenn die Leute wissen wollen, wer James Brown ist, müssen sie nur meine Musik hören.’“

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Wurde James Brown ermordet?

„Es gibt berechtigte Fragen zum Tod von James Brown, die nur durch eine Autopsie und eine strafrechtliche Untersuchung beantwortet werden können“, schrieb der CNN-Reporter Thomas Lake nach langen Recherchen. Viele von Browns Angehörigen und Freunden empfinden derweil das Gleiche. Pfarrer Al Sharpton, der die Trauerfeier für James Brown leitete, deutete an, hinter dem Tod von James Brown stecke mehr als die offizielle Geschichte: „Ich hatte und habe immer noch Fragen.“

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Damals richteten sich viele dieser Fragen an Charles Bobbit, Browns persönlichen Manager, der sich um ihn kümmern sollte, während Arzt Marvin Crawford den Heiligabend zu Hause verbrachte. Bobbit behauptete, er habe in dieser Nacht Browns Zimmer verlassen, um ihm ein Nahrungsergänzungsmittel zu besorgen. Er kehrte zurück und gab es dem geschwächten Star, dessen Zustand sich rasch weiter verschlechterte.

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Mehrere Personen in Browns Umfeld vermuteten darauf, Bobbit verberge etwas. Ein weiterer Brown-Manager, Frank Copsidas, sagte: „Die Geschichte war immer etwas vage“. Browns Freundin Fannie Brown Burford war sich noch sicherer: „Ich wusste sofort, dass er lügt“. Marvin Crawford, der die Sterbeurkunde 2006 unterschrieb, äußerte sich ebenfalls, dass er misstrauisch war, wie schnell sich Browns Zustand verschlechterte. Crawford sagte: „Jemand könnte ihm vielleicht eine illegale Substanz gegeben haben, die zu seinem Tod geführt hat“.

Mysteriöser Besuch im Krankenhaus

Crawford führte weiter aus, er habe Brown kurz zuvor am 23. Dezember wegen eines leichten Herzinfarktes behandelt, und dass „[Brown] sich schnell erholte. […] am 24. Dezember hätte er das Krankenhaus wahrscheinlich verlassen können, wenn er gewollt hätte. Aber wir haben ihn nicht gehen lassen.“

Einige vermuten, dass ein mysteriöser Besucher Brown in dem Raum aufgesucht haben könnte, als er allein war. Andre White, Browns Freund, der ihn ins Krankenhaus brachte, behauptete, eine Krankenschwester habe ihm von einem Mann erzählt, den sie nicht als Teil seines Gefolges erkannte. White gab weiterhin an, dass die Krankenschwester ihm mitgeteilt habe, es gebe Arzneimittelrückstände in Browns Beatmungsgerät. Sie entnahm etwas von Browns Blut und gab es White, der es für den Fall aufbewahrte, dass es jemals für eine Untersuchung benötigt werden sollte.

Offener Sarg: James Brown im Apollo Theater am 28. Dezember 2006 in New York City.

Eine Affäre mit der Friseurin

Dieses Blut wurde bisher nicht untersucht, jedoch ergab die Untersuchung des CNN-Journalisten Thomas Lake einen Drogencocktail auf der Unterseite eines Schuhs von Browns Friseurin Candice Hurst, mit der er in der Woche vor seinem Tod eine Affäre hatte. Der Schuh enthielt Spuren von Marihuana, Kokain und einem verschreibungspflichtigen Medikament namens Diltiazem, das zur Behandlung von Bluthochdruck und Brustschmerzen eingesetzt wird.

Hurst verteidigte sich, sie könnte in Browns Schlafzimmer auf eine Diltiazem-Pille getreten sein, aber Marvin Crawford erinnerte sich, Brown im Krankenhaus Diltiazem verschrieben zu haben. War Hurst mit Brown im Krankenhaus? Hat sie ihm Medikamente gegeben? „Es passt in unser Bild, dass jemand ihm vielleicht eine illegale Substanz gegeben haben könnte, die zu seinem Tod geführt hat“, sagte Crawford. „Wir können nicht sagen, wer oder was, aber das war immer unser Verdacht. Ich musste es leise sagen, kann es aber nicht verschweigen.“

Browns Tochter Yamma lehnte trotz des Rates von Crawford eine Autopsie ab. Die Sängerin verweigerte CNN einen Kommentar dazu. Der Sender versuchte auch Browns andere Tochter Deanna Brown Thomas zu erreichen, mit der Behauptung, dass die Überreste ihres Vaters nicht in der Krypta seien. Sie hat dies weder bestätigt noch abgestritten.

Den vollständigen Bericht zur Untersuchung ist hier nachzulesen:

https://edition.cnn.com/interactive/2019/02/us/james-brown-death-questions/

Richard E. Aaron Redferns
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